Diagnostik

Die allergologische Diagnostik verwendet grundsätzlich 4 sich ergänzende Schritte:

  • Anamnese
  • Hautteste
  • Provokationstests, bzw. Karenz- und Expositionsversuche
  • spezifischer IgE-Nachweis

Nur eine konsequente Anwendung aller vier Maßnahmen kann - je nach Krankheitsbild - letztendlich den Aktualitätsnachweis der krankmachenden Allergene erbringen, wobei die Anamnese der wesentliche Teil der Diagnostik ist.

 

Anamnese

Die allergologische Anamnese besteht aus zwei unterschiedlichen Fragekomplexen. Zum einen müssen alle auch früher bestandenen Organerkrankungen, die sich im Rahmen einer allergischen Diathese einstellen können, erfragt werden. Oft kommt der Patient wegen einer bestehenden Rhinitis zur Allergiediagnostik, hat jedoch gleichzeitig auch eine gastro-intestinale Erkrankung mit kolikartigen Beschwerden, Blähungen oder sogar Durchfällen. Es erleichtert die Anamneseerhebung, wenn man systematisch nach Migräne, chronischen Kopfschmerzen, "Erkältungskrankheiten", langjährigem Husten, abdominellen Beschwerden, Gelenkerkrankungen und Hauterscheinungen fragt.

Bei Frauen ändert sich die allergische Reaktionsbereitschaft und auch die Organlokalisation in Abhängigkeit von Änderungen im Hormonhaushalt. So können Pubertät, Menarche, Schwangerschaft, aber auch Einnahme, Absetzen oder Wechsel eines Ovulationshemmers, eine Schilddrüsenhormontherapie, eine Uterusexstirpation zur Änderung des Krankheitsbildes führen. Bei Männern ist ein Wechsel im Krankheitsverlauf entsprechend dem eher monotonen hormonellen Verhalten weniger deutlich.

In einem zweiten Schritt der Anamnese, der nun die möglichen aktuellen Allergene ermitteln soll, werden die angegebenen Krankheitserscheinungen bezüglich ihres Verlaufes erfragt. Wichtige Grundfragen sind, ob die Symptome nach einem Wohnortwechsel, nach einem Arbeitsplatzwechsel, nach einer größeren Operation, nach einer Diät, nach einem Partnerwechsel (Änerung der Ess- bzw. Wohnverhältnisse) sowie nach den oben schon beschriebenen hormonellen Veränderungen begonnen oder sich verändert haben.

Entsprechend der Ökologie der Allergene ist natürlich auch zu fragen, ob die Beschwerden bevorzugt bei feuchter Witterung in der Wohnung, in klimatisierten Räumen, vorwiegend nachts usw., auftreten. Ein entsprechender Fragebogen erleichtert diese Erhebung (siehe Anlage).

So haben z.B. Patienten über einen langen Zeitraum diskrete rhinitische Beschwerden, denen sie jedoch keinen Krankheitswert zumessen. Erst durch ein wie auch immer geartetes Ereignis kommt es zur Aktualisierung der Rhinitis, so daß bei der Befragung zuerst dieser Zeitpunkt als Beginn der Erkrankung angegeben wird. Ungewöhnlich ist es, wenn Patienten jenseits des 40. Lebensjahres eine typische allergische Erkrankung erst vor kurzer Zeit entwickelt haben. Daher sollte die Anamnese möglichst weit zurück erfragt werden.

Hautteste

Durch Einbringen von Allergenextrakten in die oberste Hautschicht wird geprüft, ob der Organismus sich immunologisch mit dem getesteten Allergen auseinandergesetzt hat. Eine positive Hautreaktion bestätigt einen solchen Zusammenhang. Sie läßt jedoch nicht erkennen, ob eine aktuelle Sensibilisierung gegen das hauttestpositive Allergen früher einmal bestanden hat, zur Zeit besteht oder sich erst in der Zukunft entwickeln wird.

Wir unterscheiden:

Reibtest

Die Indikation für diesen Test ist ein extrem hoher Sensibilisierungsgrad. Das native Rohmaterial (z.B. Tierhaare, Fisch, Fleischsorten, Obstsorten, Gemüsesorten oder Gewürze) wird auf der Volarseite des Unterarmes durch 10 - 15-maliges kräftiges Reiben aufgetragen. Es entwickelt sich in den folgenden 20 Minuten ein vorwiegend perifollikulär angeordnetes urtikarielles Exanthem als Zeichen der positiven Reaktion. Als „Leertest“ wird auf der anderen Unterarmseite mit einem Tupfer physiologische Kochsalzlösung (0,9% NaCl) mit gleicher Technik aufgetragen.

Scratchtest

Der Scratchtest wird in der Regel dazu benutzt, natives Material (insbesondere Arzneimittel, aber auch Stäube, Farbstoffe oder Kosmetika) zu testen. Mit einer Stichlanzette werden auf der Volarseite des Unterarmes entsprechend (max. 10) oberflächliche Ritzungen der Haut von jeweils 5 - 8 mm Länge angebracht, wobei es nach Möglichkeit nicht zum Blutaustritt kommen soll. Auf die einzelnen Ritzungen wird dann das zu testende Material in wäßriger oder nativer Lösung aufgetragen. Auch hier kommt es nach 20 Min. zu umschriebenen urtikariellen Reaktionen.

Pricktest

Beim Pricktest finden glyzerinierte Lösungen von Allergenextrakten Anwendung. Diese werden tropfenweise auf die Haut aufgetragen. Die Haut wird durch den Tropfen hindurch mit einer Stichlanzette punktförmig angestochen und zeltförmig angehoben, so daß geringe Mengen des Allergenextraktes in die oberste Hautschicht gelangen können. Diese Testmethode wird in der Regel auf der Volarseite des Unterarmes durchgeführt, wobei an jedem Arm bis zu 12 Testungen ausgeführt werden können.

Intrakutantest

Beim Intrakutantest werden die Allergenextrakte in die oberste Hautschicht injiziert, wobei die jeweilige Menge zwischen 0,02 ml und 0,04 ml schwanken kann. Erfahrungsgemäß wird man die Injektion so gestalten, daß eine etwa linsengroße Quaddel entsteht. Die Ausführung dieses Testes erfolgt üblicherweise an der Rückenhaut, möglichst im lateralen Bereich.

Es wird immer wieder diskutiert, inwieweit der Intrakutantest dem Pricktest überlegen ist, bzw. ob man einen fraglich positiven Pricktest in seiner Aussagefähigkeit durch einen Intrakutantest mit gleichem Allergen optimieren kann. Beide Methoden sind als gleichwertig anzusehen. Für Milben und Schimmelpilze sollte die Regel gelten, daß auch eine geringe positive Hautreaktion durch einen Provokationstest bezüglich der Aktualität des Allergens zu überprüfen ist.

Alle beschriebenen Hauttestverfahren bedürfen des Ausschlusses einer unspezifischen Reaktion, z.B. mit physiologischer Kochsalzlösung und Histamin in entsprechender Verdünnung (1:10-4). Grundsätzlich ist zu allen bisher beschriebenen Testmethoden zu wiederholen, daß ein positives Ergebnis nur darüber eine Aussage zuläßt, ob der jeweilige Organismus sich mit dem Allergen immunologisch auseinandergesetzt hat.

Provokationsteste

Positive Hautteste und der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper gegen einzelne Allergene müssen durch Provokationsteste überprüft werden. Man spricht auch von sogenannten „Bestätigungstesten.

Der Patient wird also an dem jeweils erkrankten Organ mit dem entsprechenden Allergen provoziert. Für diese Untersuchung werden Allergenextrakte verwendet, die in ihrer Konzentration den Prick-Test Lösungen entsprechen. Bei allen Provokationstesten muß vorher ein sog. Leertest mit physiol. Kochsalzlösung durchgeführt werden, um unspezifische Reaktionen ausschließen zu können. Die Untersuchung muß im symptomfreien Zustand des jeweiligen Organs erfolgen.

Man unterscheidet folgende Methoden:

1. Conjunctivaler Provokationstest

Am sitzenden Patienten werden in den Bindehautsack 1 – 2 Tropfen des zu testenden Allergenextraktes geträufelt. Als positive Reaktion entwickelt sich eine Gefäßinjektion und Chemosis der Bindehaut.

Da es zu sehr schmerzhaften Reaktionen kommen kann, sollte zunächst mit einer Verdünnung des üblichen Provokationsextraktes begonnen werden.

Dieser Test ist nur in seltenen Fällen durchführbar und sollte dem Erfahrenen Untersucher vorbehalten bleiben.

2. Nasaler Provokationstest

Die Applikation von Allergenextrakten auf die Nasenschleimhaut kann auf verschiedene Weise erfolgen. Man kann den Extrakt auf die Schleimhaut auftropfen, mittels Pumpspray oder mit einem Stieltupfer auftragen. Ein positives Ergebnis wird durch die klinische Reaktion (Augentränen, Niesreiz, Fließschnupfen) und/oder mittels Rhinomanometrie objektiviert.

Für die Praxis hat sich die sog. Stieltupfermethode bewährt, obwohl hier die Möglichkeit einer mechanischen Irritation der Schleimhaut berücksichtigt werden muß.

Prinzip des Tests

Ein geeigneter Watteträger zum Beispiel Q-Tip wird mit einer Pricktestlösung. beziehungsweise einem üblichen Testextrakt zur Provokation versetzt. Der Stieltupfer (Q-Tip) wird mit der jeweiligen Lösung satt getränkt. Der auf diese Weise vorbereitete Stieltupfer wird in ein Nasenloch eingeführt und dann etwas nach vorne oben gekippt. so daß. der Watteträger sich leicht einklemmt und von selbst im Bereich der vorderen Nasenmuschel Halt findet.

Nach der ,,Negativkontrolle" (Leertest) wird der Stieltupfer wird etwa 10 bis 15 Minuten beziehungsweise bis zum Auftreten einer deutlichen klinischen Reaktion (Niesreiz, Fließschnupfen, Augentränen) belassen. Der Test ist als positiv zu bewerten, wenn eine deutliche Sekretion, Juckreiz, Niesen oder Schwellung der Nasenschleimhaut, gegebenenfalls auch Tränenfluß. eintreten. Voraussetzung ist, daß die Negativkontrolle (Leertest) keine klinische Reaktion ausgelöst hat

Praktische Durchführung

Pro Sitzung sollten maximal 2 Allergene getestet werden sofern der Provokationstest mit den ersten Allergen negativ ausfiel

Vor Testbeginn gelten die üblichen Karenzfristen: ca. 3-5 Tage für orale und lokale Antihistaminika, 6 Stunden für lokale Mastzellstabilisatoren, (z.B. DNCG). Die Nase sollte möglichst frei sein, lokale oder allgemeine Infektionen oder eine sonstige deutliche Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes (insbesondere Atembeschwerden) sollten ebenfalls nicht vorliegen Die für Allergietestung und Hyposensibilisierung erforderliche Notfallausrüstung zur Behandlung schwerer allergischer Reaktionen muß selbstverständlich ebenfalls im Rahmen dieser Provokationstestung bereitstehen.

Zur Vorbereitung auf die Sitzung wird der Patient gebeten. seine Nase nochmals kräftig zu putzen Durch zuhalten jeweils eines Nasenlochs. wird sodann geprüft. welcher Nasenausgang zum Untersuchungszeitpunkt eine freiere Nasenatmung zuläßt. An diesem Nasenloch wird die ,,Negativkontrolle“ (Leertest) durchgeführt. Sollte es - in extrem seltenen Fällen - bereits hierbei zu einer klinischen Reaktion kommen, so Ist die Aussagekraft weiterer Testungen mit Allergenen eingeschränkt. Eine Wiederholung des Tests kann nach mindestens einwöchiger medikamentöser Therapie mit der entsprechenden Medikamentenkarenz versucht werden.

Nach dem negativen Ergebnis der ,,Negativkontrolle" (Leertest) kann in dem anderen Nasenloch der Test mit dem verdächtigen Allergen eingebracht werden. Bei negativem Testausfall kann nach etwa einer halben Stunde eine Provokation mit einem weiteren Allergen erfolgen. Bei positivem Testausfall ist die Sitzung zu beenden überschießende lokale Reaktionen sollten durch geeignete Medikamente unterbunden werden (z.B. Nasenspray, systemische Corticosteroide)

Der Patient muß für weitere Testungen zu einem anderen Tag wieder einbestellt werden.

3. Inhalativer Provokationstest

Zum Nacheis einer aktuellen Sensibilisierung des Bronchialsystems wird der jeweilige Allergenextrakt als Inhalat verabreicht. Es ist angebracht, mit einer niedrigeren Konzentration (z. B. 1:100 der üblichen Provokationslsösung) zu beginnen. Vor und 10, 20 und 30 Min. nach Gabe des Extraktes wird mit Lungenfunktionsmessungen eine Zunahme des Atemwegswiderstandes (Obstruktion) gemessen. Dies kann mittels Messung der Einsekundenkapazität oder der Ganzkörperplethysmographie erfolgen. Diese Methode sollte dem erfahrenen Untersucher vorbehalten bleiben.

In-vitro-Diagnostik allergischer Erkrankungen

Diese Untersuchungsverfahren werden im Serum oder Vollblut des Patienten durchgeführt. In der hausärztlichen Praxis kann die Eosinophilie hilfreich sein, ist jedoch auch bei anderen Erkrankungen vorhanden. Eine normale Eosinophilenzahl schließt eine allergische Reaktionsbereitschaft nicht aus. Da die ersten Methoden mit isotopenmarkierten Allergenen Radio-Allergo-Sorbent-Test (RAST) vorgenommen wurden, bezeichnet man alle modernen Methoden, welche mit nicht radioaktiven Markern arbeiten mit den entsprechenden Abkürzungen (EAST, CAP, ELIZA usw.) Es hat sich eingebürgert, im allgemeinen vom RAST zu sprechen, auch wenn andere Methoden gemeint sind.

RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) - EAST (Enzym-Allergo-Sorbent-Test)

Nachweis des spezifischen IgE gegen einzelne Allergene (Pollen, Milben, Schimmelpilze, Tierhaare, berufliche Allergene, Arzneimittel, u.a.). Untersuchung nur im Zusammenhang mit anamnestischen Hinweisen angezeigt. Der Nachweis spezifischer Antikörper ist Hinweis, aber nicht Beweis einer aktuellen Sensibilisierung. Ergänzende Diagnostik mit Haut- und Provokationstesten erforderlich.

Beurteilung: Die Bewertung erfolgt in Klassen. Klasse 0 = negativ,

Klasse 1 = wenig IgE vorhanden, Klasse 2 = vermehrt IgE

vorhanden, Klasse 3 - 4 = IgE signifikant erhöht. Ausnahme: Bei Schimmelpilz- und Milbensensibilisierungen gilt

Klasse zwei schon als signifikant.

Streifentest

Bei diesem Verfahren sind auf einem Streifen Allergene fixiert (in der Regel bis zu 20). Diese Methode ermöglicht es (ähnlich den „Laborstix“ für Blutzuckerbestimmungen), in der Praxis einen orientierenden Nachweis des spez. IgE durchführen zu können. Es gibt verschiedene Allergenkombinationen (z. B. Pollen, Tierhaare, häusliche Allergene). Die Beurteilung erfolgt anhand einer Farbskala.

Vorteile der Methode: Risikolos für den Patienten; unabhängig von Medikation; gut reproduzierbar; Allergenstabilität an der soliden Phase; Serum kann verschickt und aufbewahrt werden.

Grenzen der Methode: Routinemäßig nur IgE-Messung; relativ kostenintensiv, Speziallabor nötig; Ergebnisse erst nach 1-2 Tagen; mögliche Verfälschung durch IgG; bei bestimmten Allergenen Nahrungsmittel, Schimmelpilze) und in den RAST-Klassen 1 und 2 unzuverlässige Aussagen.

Ausnahme: Streifentest: kann in der Praxis durchgeführt werden.

Indikationen der in-vitro-Diagnostik

  • Vervollständigung und Erleichterung der klinischen Diagnostik in unklaren Fällen  wenn Hautests nicht durchführbar (Ekzem, Urticaria factitia, andere komplizierende Hautkrankheiten)
  • Patienten unter antiallergischer Medikation
  • bei Verdacht auf hohen Sensibilisierungsgrad, wenn durch andere Testverfahren Schockgefahr besteht
  • Bestätigung einer anamnestisch verdächtigen Allergie, wenn andere Tests nicht möglich (z.B. Pollinosis), bei Kindern (Säuglinge) mit mangelnder Mitarbeit
  • Kontrolle der Hyposensibilisierungsbehandlung – mit Einschränkungen.

1.3. Gesamt-IgE : Hinweis für allergische Reaktionsbereitschaft, aber auch erhöht bei Wurmbefall. Beurteilung: Werte unter 25kU/l = keine Allergie, 25-100kU/l Allergie fraglich, über 100 kU/l Allergie wahrscheinlich. Bei Kindern und Jugendlichen sind diese Werte altersabhängig.

1.4. Spezifisches IgG/IgG4: Bevorzugter Einsatz bei den Typ III Allergien als Präzipitinnachweis. Primäre Indikation: exogen allergische Alveolitis (z.B. Vogelhalterlunge), allergische bronchopulmonale Mykosen. Als Therapiekontrolle bei der spezifischen Hyposensibilisierung, insbesondere bei Insektengiften. Aussagefähigkeit bei Nahrungsmittelallergien umstritten.